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Mädchen hält ein Blatt vor den Laptop

Das Projekt: Lernen trotz Lockdown

Diesen Entwicklungen wollten die lernHÄUSER seit dem Beginn der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen entgegenwirken. „Die Digitalisierungsoffensive mit der damit verbundenen Beschaffung mobiler Endgeräte, die technische Ausstattung der lernHÄUSER und die Schulung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter waren eine zentrale und strategische Weichenstellung

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Die Digitalisierungsoffensiv

Mahmut ist 11 Jahre alt. Er kommt seit drei Jahren regelmäßig in das lernHAUS in die Innenstadt. Durch die Förderung und Begleitung haben sich seine Lernleistungen so verbessert, dass er zur Realschule als weiterführend Schule wechseln konnte. Doch in den vergangenen Monaten war Mahmut häufig völlig auf sich allein gestellt. Der Besuch von Schule und lernHAUS in Präsenz war nicht möglich. Beengte Wohnverhältnisse und mangelhafte technische Ausstattung bedrohten die positive schulische Entwicklung von Mahmut. Er machte, als der Besuch im LernHAUS wieder möglich war, ganz deutlich, dass ihm die Unterstützung und Anregung sehr gefehlt hat. Eine Lernstruktur musste neu erarbeitet werden und Hilfestellungen beim Beschaffen notwendiger technischer Ausstattung führten dazu, dass Mahmut digital besser zu erreichen ist.


Mahmut ist eines von rund 200 Kindern und Jugendlichen, die in den lernHÄUSERN des Essener Kinderschutzbundes gefördert und begleitet werden. „Bei rund 50 Prozent der mehrsprachigen Kinder und Jugendlichen ist ein Rückschritt in der Sprachentwicklung und Sprachbeherrschung im Deutschen zu erkennen, bei der Hälfte der Kinder ist das strukturierte Lernen problematisch geworden, Lernstrategien sind ebenso verloren gegangen wie die Lernmotivation“, berichtet Martin Hollinger, koordinierende Leitung der lernHÄUSER Essen. Die Folgen  der Pandemie beschränken sich jedoch nicht nur auf das schulische Leistungs- und Lernverhalten, sondern sind weitaus gravierender und reichen von Einschränkungen in der körperlichen Entwicklung bis hin zu psychosozialen Auswirkungen. Studienergebnisse zu der Situation von Kindern und Jugendlichen während der Corona –Krise zeigen, dass ihnen neben der schulischen Unterstützung vor allem die persönlichen Kontakte fehlen. Diese Ergebnisse werden auch durch die Befragung im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung, die in den lernHÄUSERN über einen Zeitraum von 3 Jahren läuft, bestätigt.

Diesen Entwicklungen wollten die lernHÄUSER seit dem Beginn der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen entgegenwirken. „Die Digitalisierungsoffensive mit der damit verbundenen Beschaffung mobiler Endgeräte, die technische Ausstattung der lernHÄUSER und die Schulung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter waren eine zentrale und strategische Weichenstellung“, so Hollinger. Mit Hilfe der Wechselspender der Stadtwerke Essen AG werden die lernHÄUSER des Essener Kinderschutzbundes seit 2019 unterstützt und gefördert. Damit wird besonders auch die Anschaffung von Lernmaterialien ermöglicht.

Die Digitalisierung soll jedoch nicht als Ersatz, sondern eine Ergänzung der Angebotsstruktur der lernHÄUSER darstellen. Während des Lockdowns Anfang 2021 wurde so die Lernförderung per Videochat in der 1:1 Betreuung und eine gemeinsame Freizeitgestaltung ermöglicht. „Mit Online-Spielestunden zur Gruppendynamik, Kreativangeboten zum Mitmachen, Hip-Hop-Yoga zur Bewegungsförderung und individuellen Lesestunden und Lernförderangeboten unterstützen und fördern wir die Kinder und Familien in dieser schwierigen Zeit“, berichtet Corinna Erdmann, pädagogische Leitung der lernHÄUSER. Schon im ersten Lockdown wurde mit viel Kreativität der Kontakt zu den Kindern und Familien gesucht. Dazu zählten sogenannte „Fenster-zu-Bordstein“- Gespräche, sozusagen Hausbesuche mit Abstand, Telefonate, E-Mails und Briefkontakte. „Dabei hören wir uns auch die Sorgen und Nöte der Familien an und vermitteln weitergehende Hilfen“, berichtet Erdmann.

Bildung und Entwicklung exponentiell eingeschränkt

Zwischenzeitlich konnten die lernHÄUSER unter Einhaltung weitreichender Infektionsschutzmaßnahmen mit einem der Situation angepassten neuem Förderkonzept phasenweise die Türen wieder öffnen. „Wir haben  ausnahmslos jedem lernHAUS-Kind ein zeitlich eingeschränktes, aber zuverlässiges Förderangebot unterbreitet, denn die Angebote konnten nur in Kleinstgruppen durchgeführt werden“, so Hollinger. Doch dadurch ergaben sich auch Vorteile. „Es entstand ein sehr intensiver Kontakt zu den Kindern, wir können noch gezielter fördern und individueller auf Kinder reagieren“, betont die pädagogische Leitung Erdmann.

Gerade diese intensive und individuelle Förderung der Kinder wird einer der Bausteine einer „Post-Corona-Konzeption“ der lernHÄUSER in Essen sein. Denn ob bundesweite Erhebungen, Umfragen in den Essener lernHÄUSERN oder die Einschätzung aus der Praxis, darin sind sich alle Beteiligten und Experten einig: Die Bildungschancen und Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen, die bereits vor der Pandemie unter eingeschränkten Lebenssituationen aufwuchsen, wurden durch die Pandemie ebenso exponentiell eingeschränkt wie sich das Virus COVID-19 verbreitete.

Jedes Kind hat Anspruch auf Bildung. So steht es in den UN-Kinderrechten. Jedes Kind hat Anspruch auf Bildung, Erziehung und individuelle Förderung durch die Schule. So steht es im Schulgesetz von NRW. „Sitzenbleiber“ und „Schulabbrecher“ dürfen daher weder eine politische noch gesellschaftliche Option sein. Mahmut hat vor einem Jahr mit viel Motivation und Fleiß den Übergang von der Grundschule zur Realschule geschafft. „Wir wollen, dass Mahmut und alle anderen Kinder trotz Corona ihre Schullaufbahn wieder erfolgreich absolvieren werden“, so lautet einstimmig das Ziel von Hollinger und Erdmann für die Essener lernHÄUSER.

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